Wenn er "zu schnell kommt" - wie ein Paar neue Wege zu Intimität fand
- Nicole Neumüller
- vor 5 Tagen
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 2 Tagen

In unserer Praxis begegnen uns viele Paare mit ganz unterschiedlichen Themen rund um Sexualität und Intimität. Die Geschichte eines dieser Paare möchten wir – natürlich anonymisiert – heute mit Ihnen teilen, weil ihre Geschichte für viele andere Paare hilfreich und ermutigend sein kann.
Der erste Termin: Wenn Scham den Raum füllt
Anna und Tobias (Namen geändert) kamen sichtlich angespannt in unsere Praxis. Schon beim ersten Gespräch wurde klar: Die beiden lieben sich, aber ihre Sexualität war zu einer Quelle von Frust geworden. Tobias kam beim Sex häufig “zu früh”, oft schon nach ein bis zwei Minuten, manchmal noch bevor es überhaupt zum eigentlichen Geschlechtsverkehr kam. Anna fühlte sich dadurch sexuell unbefriedigt und zunehmend frustriert. Tobias wiederum schämte sich und zog sich emotional zurück.
Das eigentliche Problem war nicht nur der vorzeitige Orgasmus – sondern das, was er zwischen den beiden auslöste: Unsicherheit, Rückzug, Schweigen.
Ursachen erkennen, nicht nur Symptome bekämpfen
In der Therapie arbeiteten wir zuerst an einem wichtigen Punkt: Enttabuisierung. Vorzeitiger Samenerguss ist kein Zeichen von Schwäche oder mangelnder Männlichkeit – er ist häufig das Ergebnis von Anspannung, Erwartungsdruck oder früherer sexueller Konditionierung. Tobias war erleichtert, als er hörte, dass viele Männer ähnliche Erfahrungen machen, besonders in stressigen Lebensphasen oder wenn Sexualität mit Versagensängsten verbunden ist.
Wir sprachen auch über Annas Perspektive. Für sie war es wichtig, ihre Enttäuschung äußern zu dürfen, ohne Tobias zu verletzen. Durch empathische Kommunikation lernte das Paar, wieder miteinander zu reden, anstatt sich voneinander zu entfernen.
Neue Wege zur Intimität
Dann begannen wir mit praktischen Übungen:
neuer Fokus: Das Paar lernte durch achtsame, nicht-penetrierende Berührungen wieder Zugang zu ihrem Körper und zur Lust zu finden – ohne Leistungsdruck. Der Fokus lag auf Spüren, nicht auf einem Ziel wie Orgasmus oder Penetration.
Atem- und Entspannungsübungen für Tobias: Diese halfen ihm, seine Körperwahrnehmung zu verbessern und Anzeichen von Erregung frühzeitig zu erkennen. Auch das Training des Beckenbodens und Stop-and-Go-Techniken waren Teil der Arbeit.
Neudefinition von Sexualität: Anna und Tobias begannen, Lust nicht mehr nur über Penetration und Orgasmus zu definieren. Petting, oraler Sex, erotische Massagen – all das wurde neu entdeckt und als gleichwertig erlebt.
Ein neuer Anfang
Nach einigen Wochen berichtete das Paar, dass sich ihre Sexualität entspannter, vielfältiger und näher anfühlte. Tobias hatte gelernt, mit seiner Erregung besser umzugehen – aber vor allem hatten beide gelernt, dass erfüllender Sex nicht perfekt oder “lang” sein muss. Es geht um Verbindung, Offenheit und das gemeinsame Erleben von Nähe.
Fazit: Der Weg zu erfüllter Sexualität beginnt mit Mut zur Ehrlichkeit
Wenn Sexualität zum Stressfaktor wird, lohnt es sich hinzuschauen – nicht nur aus funktionaler Sicht, sondern auch emotional. Anna und Tobias haben erlebt, wie viel sich verändern kann, wenn man gemeinsam bereit ist, neue Wege zu gehen.
Wenn Sie sich oder Ihre Beziehung in dieser Geschichte wiederfinden, möchten wir Sie ermutigen: Sie sind nicht allein. Es gibt Unterstützung – und vor allem gibt es Hoffnung.
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